In der Schweiz erwachen wir langsam aus dem Zustand der Pause. Daher findest Du in dieser Ausgabe meines Letter of Inspiration Gedanken, wie man den Moment der 'Leere' zwischen Stillstand und Neustart nutzen kann, warum der mittelalterliche Dichter Dante dabei eine Rolle spielt und was Microsoft CEO, Satya Nadella, mit dem Begriff 'Neue Demut' zu tun hat. Viel Vergnügen beim Lesen.
Und jetzt: Action?
Die gesamte Welt befand sich in einer Art “Pause”. Nur mit dem Unterschied, dass wir diese Pause völlig wach und bei klarem Verstand mitbekommen haben. Hat man die Reaktionen in der Gesellschaft beobachtet, so kristallisierten sich zwei Gruppen heraus: Die Aktivisten und die Paralysierten. Gleichwohl man für eine solche Situation nicht geschult ist, versuchte der eine Teil mit grossem Tatendrang einfach weiterzumachen, der andere war, ob schon der Welle an Unsicherheit, gelähmt.
Die wirtschaftlichen Schäden, die diese Pandemie auslöst, können wir uns im vollen Ausmass noch nicht vorstellen. Was jedoch sichtbar ist, sind die gesundheitlichen Folgen. Der Virus fordert Opfer, aber ebenso hat der sogenannte Lockdown starke Auswirkungen auf die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden vieler Einzelner.
Die Pause wird langsam aufgehoben, doch das alltägliche Leben kommt einem plötzlich vor, wie ein Zoobesuch: Normalerweise schützt uns eine dicke Glasscheibe oder ein Zaun vor den wilden Tieren - Nun sind es Handschuhe, Masken und ein Mindestsicherheitsabstand von 2 Metern die uns vor einer unsichtbaren Gefahr schützen.
Verlust von Nähe
Lassen sich Geschäftsbeziehungen über die Distanz aufrechterhalten oder droht ein ähnliches Verhältnis zu unseren Partnern, wie zu den Tieren im Zoo (nämlich keines)? Distanz lässt sich nicht einfach digital auflösen. Es macht uns das “Überleben” leichter, aber das Leben in der Digitalität hat seine Grenzen. Vor allem, wenn es um den Faktor Menschlichkeit geht. Durch die zwangsverordnete Reduktion unserer sensorischen Wahrnehmung verlieren wir momentan etwas, das essential ist: Unser Gespür.
Bestehendes neu denken
Natürlich lässt mich die momentane Situation nachdenken, ob es bei all diesen schwerwiegenden Ereignissen noch legitim ist, über Intuition und die Schärfung der Wahrnehmung zu sprechen. Ich denke, gerade jetzt ist das Thema wichtig. Es gibt Menschen, die glücklicherweise nicht gesundheitlich angeschlagen oder wirtschaftlich schwer betroffen sind. Macher, die es gewohnt sind zu Handeln, auch sie sind in diesem leeren Zustand zwischen Stillstand und Fortschritt gefangen und haben ein Recht auf Ansprache und positive Gedanken.
Ich würde diese Personen, neben den Aktivisten und Paralysierten, in eine dritte Gruppe einordnen: Die Überlegten. Sie nutzen den Moment der Leere, zwischen Stillstand und Fortschritt, und reflektieren. Es würde mich nicht wundern, wenn dabei Erkenntnisse aufkommen, die den unstillbaren Drang nach Wachstum, das bisherige Konsumverhalten von Gütern, aber auch zwischenmenschliche Kontakte, hinterfragen. Muss man wirklich in jedes Meeting selbst? Oder zu jedem Firmenapèro oder jeder Konferenz? Und braucht es das neue “was auch immer”? Durch die Reflektion steigt der Anspruch, wie man die Zeit bestmöglich nutzt. Es geht plötzlich um kraftvolle Gespräche, die einen stimulieren und aktivieren. Lieber wenig, dafür aber einen wertvollen Austausch. Nicht irgendein Gespräch, sondern eines, das etwas auslöst.
Ruhe, Reflektion, Neubeginn.
Wir haben also geruht, uns gesammelt und sind bereit zum Wiedereinstieg. Auf was sollten wir uns freuen? Das Miteinanderentwickeln wird in der kommenden Phase essentiell sein, denn wenn Krisenzeiten für etwas gut sind, dann für das Rückbesinnen auf die eigene Stärke. Und das macht auch deutlich, an welchen Stellen wir vertrauensvolle Unterstützer brauchen.
Bestehende Erfolgskonzepte müssen jetzt neu gedacht und in den neuen Kontext, in dem wir uns befinden, übersetzt werden. Doch neue Gedanken entstehen nicht im gewohnten Umfeld oder der eigenen Komfortzone, sondern im kontroversen Austausch mit Menschen aus anderen Feldern. Öffnet man seinen Blick, kann einen Inspiration aus anderen Industrien erreichen. Ob das im Kreativprozess von Designern ist, die die aktuelle Situation in ihren Produktvariationen verarbeiten, oder die Kreativität, mit der Gastronomiebetriebe auf die Situation reagiert haben. Diese Impulse lassen sich auf das eigene Geschäft übersetzen und anwenden.
Es ist kein Zufall, dass der mittelalterliche Dichter Dante Alighieri auf seinem Weg aus der Hölle ins Paradies einen Vertrauten hatte. In Dantes Fall war es Virgil, der ihm ein treuer Begleiter war, ihm zuhörte und ihn führte. Virgil symbolisiert Dantes „Gespür“. Diese Pandemie war nicht vorhersehbar und die Ausmasse sind ungewiss. Dass wir Unsicherheit empfinden ist in Ordnung. Jedoch muss man diese nicht alleine aushalten. Dadurch, dass wir alle in derselben Situation sind, eröffnet sich die Möglichkeit, die Ich-Zentriertheit loszulassen und das Einbeziehen Anderer zuzulassen. Das war der Moment als Dante Virgil begegnet ist. Ein Gesprächspartner, der zuhört, gemeinsam die Kernthemen herauskristallisiert, das eigene Gespür schärft und Handlungswege, aus der „Hölle gen Paradies“, aufzeigt. Virgil - das Gespür - ist im Moment der Krise eine unterschätzte Waffe, die es lohnt zu (re-)aktivieren.
Die gute Nachricht ist: Gespür lässt sich entwickeln und stärken. Die Reise aus der Hölle gen Paradies sind wir bereits angetreten. Diesen anspruchsvollen und unbekannten Weg bestreiten wir nur, in dem wir unsere Perspektive öffnen und neuen Gedanken Raum geben. Die Gedankenknospen dafür trägt man in sich, um sie aufblühen zu lassen, braucht es die passenden Impulse. Das kuratieren solcher Impulse ist mein Kerngeschäft und zeigt sich u.a. in Veranstaltungen wie dem Zero Senses Retreat oder in individuellen Begleitungen. Das Retreat Format bietet in 2 ½ Tagen Führungspersönlichkeiten ein Feuerwerk an Impulsen aus anderen Bereichen und schafft die Brücke zur Anwendung im eigenen Arbeitsalltag. Die nächste Veranstaltung findet im Herbst statt und Du kannst dich hier vormerken lassen.
Mehr Details zum Zero Senses Retreat und die Companionship
Was mich kürzlich inspiriert hat: Neue Demut
Ich frage mich, ob es dieses „Neue Normal“ wirklich geben wird oder ob doch alles einfach weitergeht wie vor dem Lockdown. Und gleichwohl, dass uns diese einschneidenden sechs Wochen in Isolation nicht geprägt haben, wäre wohl naiv zu glauben. Ein Bereich der von der ersten Minute gefragt war, ist das Management gewesen. Wie führe ich mein Team über die Distanz? Wie halte ich die Motivation auch bei Kurzarbeit aufrecht, und wie schaffe ich eine Perspektive ohne eine Antwort auf die Zukunftsfrage zu kennen? Das Schweizer Wirtschaftsmagazin BILANZ veröffentlichte in seiner aktuellen Ausgabe (05 - Mai 2020) einen ausführlichen Beitrag mit dem Titel „Neue Demut“. Es postuliert gegen die „Egoshooter“ im Topmanagement und ruft die Zeit der „selbstlosen Manager“ aus. Zu Beginn wird Satya Nadella, CEO von Microsoft, aus einem Post an seine Mitarbeiter zitiert:
"Vieles ist unbekannt und ich weiss, wie beunruhigend und unsicher sich das anfühlt, ich selbst mache mir Sorgen (...) und frage mich, wann unser soziales Gefüge wiederhergestellt sein wird."
Natürlich profitiert ein Konzern wie Microsoft von diesen Zeiten mit seinen Cloud-Services, ein Bereich, der um mehr als 700 Prozent zulegen konnte. Doch diese Kennzahl ist für Nadella kein Massstab. Er kommentiert: „Bedeutungslos.“ Sich über einen so willkürlichen Meilenstein zu freuen, sei „der Anfang vom Ende“. Mit dieser „Purpose statt Profit“-Einstellung ist Nadella nicht alleine. Novartis, Google und IBM folgen einer Unternehmer-Philosophie, die nicht nur rational lenkt, sondern Empathie und Intuition als weitere Währung eingeführt hat.
Wenn diese Pandemie für etwas gut ist, dann um den Zusammenhalt untereinander zu stärken. Zumindest wäre das ein schöner Ausgangspunkt nach dieser auferlegten Pause.
Viel Vergnügen mit dieser Aussage des Letter of Inspiration.
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