Früher galt ein Leben als gut, wenn man sich alles leisten konnte. Alles war meistens klassifiziert mit mindestens einem Sommer- und Winterurlaub im Jahr, zwei Autos, einem Haus, vielleicht sogar ein oder zwei Ferienhäuser irgendwo im Süden und in den Bergen. Die neuen Generationen haben weder einen Führerschein, noch lernen sie das Skifahren in der Schule noch. Interkontinental Flüge werden in Zeiten von Greta, COVID und dem überall spürbaren Klimawandel auch kritisch hinterfragt und essen gehen? Ja, aber bitte vegan und mit regionalen Produkten. Ein gutes Leben: Was bedeutet das heute?

Ein-gutes-Leben_Tanja-Schug

"Das Ende des Konsums führt zu einer Neuausrichtung des Luxus. Das Reduzieren, einen minimalistischen Lebensstil führen, schient die Folge des Wohlstands zu sein."- Tanja Schug

Luxus verabschiedet sich vom Überfluss
Mit dem Konsum ist es ähnlich, wie mit dem monatlichen Gehalt, bis zu einer gewissen Höhe, freuen wir uns noch über die Gehaltserhöhung, ab einem bestimmten Punkt, ist jedoch der Grenznutzen erreicht. Es kümmert uns nicht mehr, denn der nächste Sprung müsste ein immens grosser sein, um einen Unterschied in unserem Lebensstil auszulösen. Die letzten 40 Jahre haben wir gute Jahre verlebt. Was ich damit meine? Es hat uns nichts gefehlt, es war alles verfügbar und wenn dann haben wir uns eher die Fragen nach dem Mehr gestellt, aber nie nach dem Ob. Der natürliche Reflex von ständiger Verfügbarkeit führt zur Abwendung, da es langweilig wird. Ähnliches passiert mit dem Konsum. Er ist vulgär geworden, denn wir wollen nicht das nächste Sternerestaurant testen, oder noch ein Auto kaufen, auch braucht es das Haus in Spanien nicht mehr, denn die Kinder fliegen wegen ihres CO2-Fussabdrucks eh nicht. Das Ende des Konsums führt zu einer Neuausrichtung des Luxus. Das Reduzieren, einen minimalistischen Lebensstil führen, scheint die Folge des Wohlstands zu sein.

Der einfache Lebensstil
Luxus hatte immer einen Abgrenzungsnutzen, der sich durch beschränkte Verfügbarkeit oder einen hohen Preis dargestellt hat. Nun banalisieren Plattform-Modelle wie booking.com oder UBER, aber auch Anbieter wie easyJet ein Gut, das lange nur denen, mit dem ‘guten Leben’ vorbehalten war. Heute hat jeder Zugang zu einem Top-Deal im 5* Hotel, der Chauffeur (UBER) holt einem vom Flughafen ab und der eigentliche Flug kostet nur 39.00 CHF. Wenn der Status von Luxus plötzlich demokratisiert wird, spätestens dann stösst dies einen Wendepunkt an. Hinzu kommen die neuen Wege der Kommunikation, die mehr visuell als verbal sind. Das perfekte Instagram-Bild löst die Postkarte aus dem Urlaub ab und WhatsApp erlaubt uns, trotz tausenden von Kilometern Distanz, ständig mit unseren Freunden verbunden zu sein. Am Ende sehnen wir uns nach einer Pause. Einer Pause von all der Verfügbarkeit, dem imperfekten Moment, an den man sich erinnert, weil er eben nicht aussieht, wie aus einer Werbeanzeige abfotografiert.

Ein ausgeprägter Charakter
Zum Zulassen des Imperfekten gehört Mut. Wir wurden Jahrzehnte lang trainiert, wie ein gutes Leben auszusehen hat und nun sollen wir das einfach vergessen? Schwierig und gleichwohl öffnet das einen neuen Weg. Ich wage die These, dass der neue Luxus stark mit der Persönlichkeit verbunden ist und das je stärker wir unseren Charakter ausbilden, desto stärker unser ‘neues Luxusgefühl’ sein wird. Der Weg zum guten Leben der neuen 21er Jahre läutet die Ära der Künstler ein. Individuell und mit einer klaren Haltung.