Letter of Inspiration #13 - Verlust des eigenen Anspruchs

Feiertage im Allgemeinen, und vor allem die zum Jahresende, laden zu einem Rückblick ein. Neben Gedanken, was die Highlights und die weniger guten Momente waren, habe ich mich zum Ausklang gefragt, welche Folgen das neue Normal auf unsere Gewohnheiten hatte.
Verlust des eigenen Anspruchs
Unser gewohnter Alltag hat sich dramatisch verändert. Die Empfehlung im Home Office zu bleiben ist wieder aktiv. Zudem gilt für Treffen und alle Arten von Events ein ständiges Einlassen auf den Moment. Denn der lang geplante Anlass oder das Meeting muss möglicherweise doch in der letzten Sekunden abgesagt oder angepasst werden. Unsere Improvisationskraft ist mehr denn je gefragt, und nur wer permanent in Bewegung bleibt schafft es, nicht in der Vergangenheit der schönen, alten und Pandemie-freien Welt verloren zu gehen. All dieser Aufwand scheint uns die Energie für unseren Anspruch und die Freundlichkeit zu nehmen. E-Mails werden kürzer und die Antwortdauer immer länger. Die Anrede kann schon einmal verloren gehen, ebenso wie die Grußformel in einer Nachricht. Plötzlich sieht man die einstigen Anzugträger, die über den Paradeplatz in Zürich gelaufen sind, in Jeans und Rollkragenpullover. Die Restaurants, um dessen Plätze man sich für einen Mittagstisch in der Zürcher Altstadt sonst gedrängt hat, haben selbstverständlich, auch am selben Tag, noch etwas frei. Und den Anspruch an den eigenen Dresscode hat wohl jeder für sich selbst neu definiert. Das Revival der Jogginghose lässt grüssen.
Die Baubranche genießt eine Übernachfrage. Wenn man die Tage zuhause online und in Zoom Meetings verbringt, will man sich in der eigenen Blase zumindest wohl fühlen. Unser Einzug in die digitale Welt lässt uns unseren Anspruch aus der (alten) Realität vergessen. Weihnachtskarten, die früher noch per Hand unterschrieben wurden, kamen in diesem Jahr per WhatsApp, wenn überhaupt. Es wirkt, als würden sich viele fragen: Wofür das eigentlich noch? Hat die Pandemie dazu beigetragen ein neues Zeitalter einzuleiten, in welchem neue Regeln des Stils und Anstands definiert sind? Wurden wir freundlicher zu uns selbst und haben uns vergeben, dass wir nicht mehr jeden Morgen der Yoga- oder Workout-App folgen? Haben wir gelernt, dass es doch schön ist, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die uns nahe sind, anstelle die Welt für andere oder ein übergeordnetes Ziel zu bereisen? Und hat das dazu geführt, dass wir beginnen Erfolg neu zu definieren? Stärker, höher, weiter scheint uns gleichgültiger zu sein - und auch online weniger greifbar. Doch was ist es dann, das uns in dieser neuen Phase wichtig ist?
Der Mensch sucht immer nachdem was er nicht haben kann. Die auferzwungene Spontanität führt womöglich dazu, dass wir uns Beständigkeit wünschen. Das kann in Form eines Wohnortes sein, gewohnter Produkte oder Beständigkeit im persönlichen Umfeld (Arbeit, Familie, Partner, Freunde).
Wie schafft man es aber als Unternehmer seinen Mitarbeitern und Kunden diese Beständigkeit zu geben, sollte die Frage sein, mit der wir uns Anfang 2022 befassen.
Mehr Inspiration dazu, gibt es hier.
Was mich kürzlich (nicht) inspiriert hat? Langeweile.
Konnte man früher noch Geschichten von den letzten Reisen oder Geschäftsterminen erzählen, tauscht man sich heute über den Bäcker, der das beste Sauerteigbrot backt, oder die neue Netflix Serie aus. Gespräche werden langweilig, es passiert nichts mehr. Unser Leben verliert ein Stück an Bedeutung, denn wir sind armer an Erlebnissen geworden.
„(…) In einer Gesellschaft, die daran gewöhnt ist, derartige Vergleiche zu ziehen, wird der allen sichtbare Erfolge zur Grundlage des Ansehens und zum Selbstzweck. Man demonstriert die eigene Leistung, um Prestige zu gewinnen und der Missachtung zu entgehen. (…)“ von Thorstein Veblen aus Theorie der feinen Leute.
Wir sind es nach zwei Jahren Pandemie nicht mehr gewohnt uns gesellschaftlich zu bewegen und Gespräche zu führen, was in der Definition nach Thorstein Veblen, ein Wirtschaftswissenschaftler aus dem 19. Jahrhundert, der als einer der Ersten über das Konsumverhalten nachdachte, die Schlussfolgerung zulässt, dass wir unseren gesellschaftlichen Status verlieren. Einziger Trost: Wenn das jedem so geht, definieren sich womöglich unsere Statussymbole bald neu.


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Letter of Inspiration #12 - Klarheit

In diesem Letter of Inspiration beschreibe ich am Beispiel von Milan Kunderas Werk „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ die Schwierigkeit, klare Entscheidungen zu treffen. Zudem inspirierte mich der Blick auf den Weinanbau. Denn wenn es um das Thema Geduld geht, ist diese Branche durch natürlich auferlegte Grenzen ein Rolemodel.
In dem berühmten Werk von Milan Kundera „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ beschreibt eine der Hauptcharaktere, Tereza, eine von Selbstzweifeln geplagte Frau, in einem Traum ihre Angst nicht zu genügen. Sie träumt davon, dass ihr Liebster, der Lebens-genießende Philosoph Tomas, sie auf den Petrin-Hügel in Prag sendet, wo ein Mann mit einem Gewehr drei Selbstmördern hilft sich umzubringen. Als sich der bewaffnete Herr ihr zuwendet, schreit sie auf „Es war nicht meine Wahl“ und ihr wird gewährt zu gehen. Erst in dem Moment, in dem es sprichwörtlich um Leben und Tod geht, übernimmt Tereza Verantwortung für sich selbst und trifft eine Entscheidung. Warum fällt es einem so schwer klare Entscheidungen zu treffen?
Es beginnt mit der Summe an Möglichkeiten, die uns geboten werden. Der routinierte Gang zum Café um die Ecke, der zum Verhörspiel am Morgen wird: Flat White? Klein oder gross? Welche Milch? Bar oder mit Karte? Und es zieht sich weiter in die darauffolgenden Sitzungen, wo es um zukünftige Investitionsentscheidungen, Einstellungen oder die Unternehmensstrategie geht. Es mangelt nicht an Optionen oder Meinungen, vielmehr gibt es zu viele. Die Kunst liegt darin herauszufinden, wie man eigentlich seinen Kaffee mag, kurz: Was man eigentlich will.
Das Ziel dabei ist nicht Perfektion. Wir sind keine Maschinen, noch lässt sich eine Entscheidung mit der Perfektionsgabe, wie die des Meisterfälschers Beltracchi treffen. Klarheit darüber, was man nicht mag, ist ein guter erster Schritt. „Es war nicht meine Wahl.“ Sprich: „Ich möchte nicht sterben“, schrie Tereza. Nun war das ein Traum, aber dennoch einmal weiter gedacht, kann man sich vorstellen, dass dieser Entscheid auf dem Petrin-Hügel weitere Folgen nach sich gezogen hat. Denn der Moment der Klarheit hat eine unheimlich befreiende Energie. Meistens ist diese Klarheit schon lange in uns vorhanden, gleichwohl neigt man zu zögern. Dies hat vielerlei Gründe: Man ist für die einhergehenden Konsequenzen noch nicht bereit, man hat Angst vor der Veränderung und dem Loslassen des Gewohnten, oder es fehlen (noch) die Worte zum Ausdruck. Eines darf man sich bewusst machen: Das Leben ist nicht statisch, sondern im Fluss. Ob man bewusst entscheidet oder die Strategie des Abwarten wählt, es fließt weiter. Die meiste Sicherheit findet man im Vertrauen in die kontinuierliche Bewegung.
Blicke ich zurück in die Vergangenheit, hat keine meiner Entscheidung je etwas Schlechtes gebracht. Veränderung ja, aber das passiert eben, wenn man sich bewegt. Der Kontext verändert sich. Ein Werkzeug, welches Halt und Klarheit in der kontinuierlichen Bewegung gibt, ist eine geschulte Intuition. Wie sich diese schulen lässt, darf ich am 27. Oktober bei einem Vortrag am Senior Management Programm der Hochschule St. Gallen teilen. Details dazu gibt es im Anschluss auf meiner Website.
Im Magazin „Zukunftsbeweger“ der Globalance Bank schreibe ich in meiner aktuellen Kolumne über die Stabilität in der Bewegung. Hier geht es zum Beitrag.

Was mich kürzlich inspiriert hat? Geduld.
Soeben wurden die letzten Weinberge geerntet und die Hauptarbeit im Weinkeller ist abgeschlossen. Nun heißt es warten. Denn das Arbeiten mit der Natur lässt keine kurzfristige Anpassung zu, noch lässt sich die Ernte wiederholen oder Fehler ausbessern. Es herrscht eine Abhängigkeit und damit einhergehend ein Hoffen, dass die Natur es gut mit den Winzern meint. Denn der nächstmögliche Versuch ist erst wieder in einem Jahr. Die Natur gibt die Geschwindigkeit vor und wir haben zu folgen.
Was mir dieses Beispiel zeigt, ist nicht nur die Abhängigkeit von externen Einflussfaktoren (denn die gibt es überall), es zeigt mir auch das Level an Klarheit, das es braucht, um dieses kostbare Produkt zu produzieren. Möchte ich beispielsweise einen eleganten, schlanken Wein mit wenig Alkohol, der im Geschmack eher dunkle Beeren oder gar Tabak hat oder etwas ganz anderes? Welche Rahmen (Anbau, Ausbau und Produktion) braucht es, damit mir das gelingt? Und selbst wenn ich all das visualisieren und ausdrücken kann, muss ich dennoch abwarten, um zu sehen, ob meine Strategie aufgegangen ist. Denn das fertige Ergebnis zeigt sich erst in der Flasche. Geduld ist eine Eigenschaft, die uns in der Geschäftswelt oftmals abhanden gekommen ist.
Ich wurde geschäftlich so konditioniert, dass Gedanken sofort umgesetzt werden sollen. „Fail fast“ ist die Mentalität, die uns aus dem Silicon Valley vorgegeben wird. Ist das so? Brauchen gute Ideen, so wie gute Tropfen, nicht Zeit zu reifen, um dann ihr volles Potential zu entfalten? Im Wein ist das mit Sicherheit so, und ich glaube auch im Geschäft.

Der Sommer ist nun spürbar vorbei und die dunklen und kühlen Monate haben begonnen. Zeit zur Reflektion und Auseinandersetzung. Möge dieser Letter of Inspiration dazu anregen und neue Gedanken anstoßen.

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Kolumne: #3 Umdenken
Stabilität in der Bewegung

Umdenken - Stabilität in der Bewegung
Routinen helfen, Stabilität ins Leben zu bringen. Die morgendliche Tasse Kaffee, bevor wir in den Tag starten, der Weg in die Arbeit sowie das Treffen zum Joggen alle zwei Tage oder das obligatorische Sonntagsessen mit der Familie. All das gibt Halt und Struktur in eine Woche, die sonst ganz willkürlich verlaufen würde.
Doch was passiert, wenn diese Routinen plötzlich wegbrechen? Verlieren wir unseren Halt und driften in ein Meer der Orientierungslosigkeit? Es gibt viele Auslöser für ein solches Wegbrechen: Umzüge, berufliche Veränderungen, eine Pandemie ist jedoch sicher ein gravierender, noch dazu weil sie jeden gleichzeitig erwischt hat. Eine spannende Frage für die momentane Situation wäre daher: Wie entwickle ich Stabilität in der Bewegung?
„In einem wankenden Schiff fällt um, wer Stillsteht und sich nicht bewegt.“ Schrieb der deutsche Schriftsteller Ludwig Börne einmal. Also bleiben wir besser in Bewegung und schreiten mutig voran? Doch wohin? Gerade aus, links oder rechts? Die Frage wird keiner für uns beantworten können. Es liegt einzig an uns und der Frage wohin wir wollen.
Nun wurden wir gezwungen, gewohnte Verhaltensmuster loszulassen und das Wollen zu identifizieren. Das bedeutet, wieder auf sich selbst zu vertrauen. Gerade in unsicheren Zeiten scheint das ein schwieriges Unterfangen zu sein. Beobachtet man Kinder, fällt jedoch auf, dass sie sich ständig in einer solchen Bewegung befinden. Alles ist neu und Kinder geben sich dem Neuen viel mutiger hin als wir. Steht uns die Erfahrung im Weg, oder haben wir verlernt unserer eigenen Intuition zu folgen? Ich glaube zweiteres.
Mut, loszulassen und Neues zu entdecken erfordert ein Umdenken von Problemen in Möglichkeiten. Wie bei einem Kind, das die ersten Schritte oder die ersten Schwünge auf den Skiern macht. Ja, auch wir werden hinfallen, darum geht es nicht. Was zählt sind die Male, die wir wieder aufstehen.
Tanja Schug schreibt als Kolumnistin für das Magazin Zukunftsbeweger regelmäßige Beiträge. Das Magazin ist ein wunderbares Produkt der Globalance Bank für Kunden und Partner.
#11 Letter of Inspiration - Flucht in die Sicherheit

In diesem Letter of Inspiration teile ich meine These, warum die Post-Pandemie uns eher lethargisch macht und wie dies damit zusammenhängt, dass wir Menschen gerne den einfachen Weg gehen. Neben den Gedanken zur Flucht in die Sicherheit schreibe ich darüber, wie Tiefe den Kontext auflösen kann. Viel Spaß beim Lesen!
Flucht in die Sicherheit
Die Reaktionen der Post-Pandemie sind anders als erwartet. An jeder Ecke höre ich von Kündigungen, Motivationsschwierigkeiten und Erschöpfungserscheinungen. Nicht nur in den grossen Beratungen, wo häufige Zu- und Abgänge keine Seltenheit sind, sondern überall. Es scheint nicht so, als hätten alle darauf gewartet, dass es wieder losgeht, der Tatendrang fällt verhalten aus. Nein, vielmehr noch beobachte ich eine Flucht, ein Weglaufen aus dem Bekannten. Womöglich weil die Zeit, in der sowohl private als auch berufliche Parameter anders als sonst waren, Fragen aufgeworfen hat, die den Status-Quo kritisch hinterfragt haben. Nun könnte man meinen: zum Glück. Lief doch so vieles zu achtlos an uns vorbei; Klimawandel, Digitalisierung, KI, … Alles ist irgendwie gleichzeitig passiert. So dass wir fast keine Chance hatten uns darüber Gedanken zu machen, geschweige denn eine klare Haltung zu diesen Themen zu entwickeln.
Die veränderten Rahmenbedingungen der letzten Monate, haben die Möglichkeit für die grossen Fragen angeboten. Wo ist mein Platz in Mitten all der Verädnerung? Was sind meine Stärken und bringe ich diese wertstiftend ein? Man könnte daher annehmen, dass die erhöhten Fluktuationsquoten ein Indiz dafür sind, dass die Menschen ihren Bedürfnissen, Wünschen und ja, vielleicht auch Lebensträumen (endlich) nachgehen. Es gab den Moment der Erleuchtung und somit der Klarheit darüber, was man eigentlich will.
Doch statt eines Ansturms auf die eigenen Ideale, höre ich in Gesprächen eher Gegenteiliges - die wenigsten folgen ihrem Weg, sondern treten vielmehr den Weg in die Sicherheit an. Der sympathische Kellner wird zum Call Center Agent (und freut sich über geregelte Arbeitszeiten), die einstige Architektin sucht sich einen Job in der Verwaltung (wo der Akquise-Druck verschwindet), und der Gründer wählt doch wieder die scheinbare Sicherheit, die ein Corporate Job bieten kann.
Was mich daran überrascht ist die Tatsache, dass ich nicht glaube, dass dieser Schritt die Folge einer ehrlichen Auseinandersetzung mit sich selbst ist, sondern doch eher die Wahl der naheliegendsten, einfachen oder logischen Lösung für etwas, dass, wenn weiter damit befasst, nur anstrengend werden würde. Was mich kritisch hinterfragen lässt, wie nachhaltig diese neu gewählten Wege sind? Folgt in einem Jahr dann eine zweite Welle - nicht Corona - sondern eine, die die Sinnfrage erneut aufwirft?
Der Schritt vor den Spiegel
Der Mensch ist so strukturiert, dass er den einfachsten Weg geht. Deswegen stellen wir uns im Supermarkt auch klassischerweise an der längsten Schlange an, denn bei allen anderen könnte etwas nicht stimmen. Dort hinten, wo schon viele warten, das scheint richtig, denn die können nicht alle falsch liegen. Auch lassen sich in Parkanlagen über die Zeit kleine Trampelpfade erkennen, die andeuten, dass es uns logischer erscheint, gewisse Wege abzukürzen. Wir wollen nicht unnötig nachdenken und auch nicht unnötige Meter gehen. Meine Angst ist, dass wir dieses Muster sogar auf unsere Lebensentscheidungen übertragen.
Würde sich der extra Schritt oder intensivere Gedanken denn nicht gerade wenn es um die eigene Zukunft geht lohnen? Wissend, dass die Auseinandersetzung mit dem „was man wirklich will“ keine einfache ist, bin ich dennoch überzeugt, dass es eine Frage ist, die es sich lohnt zu stellen. Gerade in Zeiten von Unsicherheit ist das logisch Wirkende nicht zwingend das Richtige. Man darf den Weitblick jetzt nicht zu verlieren, sondern sollte sich die Zeit und Musse nehmen, aus der Veränderung heraus zu gestalten. Neue Gedanken, einen angepassten Lebensstil, ein neuer Job, all das: ja! Aber doch bitte basierend auf den eigenen Wünschen und Bedürfnissen und nicht aus dem Treiber oder der Hoffnung auf Sicherheit. Wenn uns diese Pandemie etwas zeigt, dann dass nichts sicher ist. Das Vertrauen in sich selbst haben wir jedoch in der Hand, und das wird unser wichtigstes Werkzeug für die nächsten Monate und Jahre sein.
Wie man dieses Werkzeug einsetzt und trainiert, bieten wir vom 21. bis 23. Oktober beim Zero Senses Retreat „Cultivating Presence“ an. Wer momentan nach neuen Impulsen und Inspiration sucht, sollte sich einen Platz sichern.

Was mich kürzlich inspiriert hat: Tiefgang löst Kontext auf.
Ich habe mich neulich in einem Umfeld wiedergefunden, welches ich für mich selbst niemals bewusst ausgesucht hätte. Bröckelnde Wände, ein Bett, das nur eine Matratze am Boden war, und ein Grad an Sauberkeit, der nach Schweizer Massstäben wohl als ungenügend durchgegangen wäre. Und tatsächlich habe ich eine der schönsten Woche seit langem erleben dürfen. Woran liegt das?
Der Künstler James Turrell hat einmal in einem Interview gesagt, “Zuhause ist wo meine Community ist”. Heimat hat für diesen Raum- und Licht-Künstler keine Bedeutung im geografischen Sinne. Sie kann überall dort sein, wo er eine tiefe Verbundenheit mit seinem Umfeld verspürt. Das wurde mir in meinem Beispiel sehr deutlich. Die Gruppe an Menschen und die Tiefe der Verbundenheit ist das, was den Kontext irrelevant werden lässt. Meine These: je stärker die Beziehung, desto irrelevanter wird der Kontext.

In eigener Sache…
Kürzlich ist ein Beitrag von mir im St. Moritz Automobile Club Magazin (SMAC) erschienen. Ganz passend zu dieser Ausgabe des Letter of Inspiration, denn ich schreibe über “Das gute Leben”.


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Artikel: SMAC Magazin - Ein gutes Leben
Früher galt ein Leben als gut, wenn man sich alles leisten konnte. Alles war meistens klassifiziert mit mindestens einem Sommer- und Winterurlaub im Jahr, zwei Autos, einem Haus, vielleicht sogar ein oder zwei Ferienhäuser irgendwo im Süden und in den Bergen. Die neuen Generationen haben weder einen Führerschein, noch lernen sie das Skifahren in der Schule noch. Interkontinental Flüge werden in Zeiten von Greta, COVID und dem überall spürbaren Klimawandel auch kritisch hinterfragt und essen gehen? Ja, aber bitte vegan und mit regionalen Produkten. Ein gutes Leben: Was bedeutet das heute?

"Das Ende des Konsums führt zu einer Neuausrichtung des Luxus. Das Reduzieren, einen minimalistischen Lebensstil führen, schient die Folge des Wohlstands zu sein."- Tanja Schug
Luxus verabschiedet sich vom Überfluss
Mit dem Konsum ist es ähnlich, wie mit dem monatlichen Gehalt, bis zu einer gewissen Höhe, freuen wir uns noch über die Gehaltserhöhung, ab einem bestimmten Punkt, ist jedoch der Grenznutzen erreicht. Es kümmert uns nicht mehr, denn der nächste Sprung müsste ein immens grosser sein, um einen Unterschied in unserem Lebensstil auszulösen. Die letzten 40 Jahre haben wir gute Jahre verlebt. Was ich damit meine? Es hat uns nichts gefehlt, es war alles verfügbar und wenn dann haben wir uns eher die Fragen nach dem Mehr gestellt, aber nie nach dem Ob. Der natürliche Reflex von ständiger Verfügbarkeit führt zur Abwendung, da es langweilig wird. Ähnliches passiert mit dem Konsum. Er ist vulgär geworden, denn wir wollen nicht das nächste Sternerestaurant testen, oder noch ein Auto kaufen, auch braucht es das Haus in Spanien nicht mehr, denn die Kinder fliegen wegen ihres CO2-Fussabdrucks eh nicht. Das Ende des Konsums führt zu einer Neuausrichtung des Luxus. Das Reduzieren, einen minimalistischen Lebensstil führen, scheint die Folge des Wohlstands zu sein.
Der einfache Lebensstil
Luxus hatte immer einen Abgrenzungsnutzen, der sich durch beschränkte Verfügbarkeit oder einen hohen Preis dargestellt hat. Nun banalisieren Plattform-Modelle wie booking.com oder UBER, aber auch Anbieter wie easyJet ein Gut, das lange nur denen, mit dem ‘guten Leben’ vorbehalten war. Heute hat jeder Zugang zu einem Top-Deal im 5* Hotel, der Chauffeur (UBER) holt einem vom Flughafen ab und der eigentliche Flug kostet nur 39.00 CHF. Wenn der Status von Luxus plötzlich demokratisiert wird, spätestens dann stösst dies einen Wendepunkt an. Hinzu kommen die neuen Wege der Kommunikation, die mehr visuell als verbal sind. Das perfekte Instagram-Bild löst die Postkarte aus dem Urlaub ab und WhatsApp erlaubt uns, trotz tausenden von Kilometern Distanz, ständig mit unseren Freunden verbunden zu sein. Am Ende sehnen wir uns nach einer Pause. Einer Pause von all der Verfügbarkeit, dem imperfekten Moment, an den man sich erinnert, weil er eben nicht aussieht, wie aus einer Werbeanzeige abfotografiert.
Ein ausgeprägter Charakter
Zum Zulassen des Imperfekten gehört Mut. Wir wurden Jahrzehnte lang trainiert, wie ein gutes Leben auszusehen hat und nun sollen wir das einfach vergessen? Schwierig und gleichwohl öffnet das einen neuen Weg. Ich wage die These, dass der neue Luxus stark mit der Persönlichkeit verbunden ist und das je stärker wir unseren Charakter ausbilden, desto stärker unser ‘neues Luxusgefühl’ sein wird. Der Weg zum guten Leben der neuen 21er Jahre läutet die Ära der Künstler ein. Individuell und mit einer klaren Haltung.
Podcast: Interview über Intuition & Leadership
Über die Verantwortung Raum für Kreativität zu schaffen: Ein Gespräch mit Tanja Schug

Tanja Schug, CEO & Founder von Zero Senses, läutet ein neues Zeitalter in Unternehmen ein: Das Zeitalter der Künstler. Ihrer Meinung nach ist es wichtig, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern*innen die Freiheit und den Raum geben, um sich frei und kreativ zu entfalten. Denn Persönlichkeit und Beruf hängen sehr eng zusammen: ist der Mensch in seinem Privaten inspiriert, wird er / sie diese Inspiration und Motivation auch wieder ins Unternehmen mitbringen. Dies gilt natürlich auch für die Führungskräfte selbst: auch sie sollen ihr inneres Kind wieder aufwecken. Es gilt die Ecken und Kanten, die wir so perfekt gelernt haben zu vertuschen, um Teil von etwas zu sein, wieder aufzudecken. Denn das macht uns als Menschen aus. Wir müssen wieder lernen mehr auf unsere Intuition zu hören, als uns auf unsere Ratio zu fokussieren.
Artikel: NZZamSonntag - Der Ausbruch aus dem Hamsterrad
Doch, der Ausbruch aus dem Hamsterrad ist möglich.Das Jahr der Pandemie hat die Frage nach dem Sinn der Arbeit in unserem Leben gestellt. Mit einer klaren Erkenntnis: Wir sollten auf Intuition setzen, nicht Maschinen imitieren, findet Tanja Schug

Ich habe mich sehr über meinen Artikel in der NZZamSonntag über “Die Bedeutung von Arbeit” gefreut. Wenn Sie den Artikel verpasst haben, können Sie ihn hier online finden oder mir einfach eine E-Mail senden, um eine Kopie zu erhalten.
Artikel: Die Welt - Das Echte ist der neue Luxus
„Der Sinn der Arbeit ist dabei, sich zu verändern.“Arbeit ist inzwischen nicht mehr der wichtigste Wert, über den sich der Einzelne definiert, sagt Autorin und CEO Tanja Schug. Sie beobachtet, wie ein „totalitäres System“ zu bröckeln beginnt.

Tanja Schug beschäftigt sich mit dem Sinn des Arbeitens. Sie sagt, Unternehmer müssten stärker wie Künstler handeln und ihr Bauchgefühl trainieren. Sie verrät auch wie das geht.
Ein Gespräch mit ...
“Es geht immer um Atmosphäre"
— Yusuf Sert
Tour of Inspiration: Die Idee
Die Tour of Inspiration ist ein Spaziergang verbunden mit kuratierten Erlebnissen. Dieser Weg dient dazu, die eigene Perspektive zu öffnen und mit neuen Impulsen strategische Geschäftsentscheidungen zu stärken sowie persönliche Weiterentwicklung zu fördern. Der Austausch, der sich während dieser Tour ergibt, ist das Wertvolle. Begegnungen mit Künstlern und ihrer Geschichte ist ein Teil dieses Erlebnisses. Im Interview mit Yusuf Sert, einem Interior Designer aus Zürich, bekommen Sie Einblicke, wie ein solcher Impuls aussehen kann. Das Übersetzen dieser neuen Einblicke auf das eigene Geschäftsleben ist die Kunst hierbei. Für diese Aufgabe habe ich eine Methodik entwickelt.
Ein Gespräch mit Yusuf Sert - Interior Atelier, Zürich
Herr Sert, wie kommt es, dass wir heute in diesem wunderschönen Interior Atelier inmitten der Zürcher Altstadt sitzen?
Ich habe diesen Laden vor gut vier Jahren übernommen. Das war, nach einem Leben im Angestelltenverhältnis, mein Schritt in die Selbstständigkeit.
Wie kam es dazu?
Hier muss ich etwas weiter ausholen... als ich blutjung war, hatte mein Vater die Überzeugung, dass ‘Elektro’ die Zukunft sein wird. Da hatte er nicht ganz unrecht, denn wir sprechen hier von den 90iger Jahren, als wir am Beginn von Technologien, wie Macintosh, Computern usw. standen. Noch während meiner Elektrolehre, wusste ich jedoch, dass das nichts für mich ist. Ich war auf den Baustellen begeistert über den Plänen gehangen anstatt mich auf die Elektronik und meinen Meister zu konzentrieren. Etwas Kreatives, Gestaltung, das wollte ich machen, und so brachte mein nächster Schritt mich zur Lichtplanung.
Wie kamen Sie von dort in den Showroom eines Luxus-Möbelhauses?
Das Gestalterische war immer in mir drin. Alles was mit Inneneinrichtung zu tun hatte, hat mich interessiert. Bereits mit 16 Jahren habe ich eine eigene Leuchte gebaut. In meinem Zimmer war alles von mir selbstgemacht. Ich versuchte also in die Möbelbranche und Einrichtungsbranche zu kommen, die haben aber nicht auf mich gewartet. Nachdem mich die weiterführende Schule nicht annehmen wollte, musste ich einen anderen Weg finden, um meiner Berufung zu folgen. Denn ich wusste, mein nächster Schritt ist ein Möbelhaus.
Wie war das für Sie, zu wissen wohin Sie wollen, aber zu spüren, dass der “normale” Weg eine Sackgasse ist?
Ich wusste, ich muss da irgendwie hinkommen. Ich habe mich bei einem bestimmten Möbelhaus immer wieder beworben, aber wurde wieder und wieder aufgrund meiner mangelnden Erfahrung abgelehnt. Eines Tages entdeckte ich eine Anzeige, von einem der Möbelhäuser damals in Zürich. Der unkonventionelle Chef - ein Amerikaner - hatte mich zu einem Vorstellungstermin, gleichzeitig mit acht weiteren Bewerbern, eingeladen. Wie durch ein Wunder hatte ich wenig später eine Zusage und das war mein Einstieg in die Möbelbranche.
Sie haben also ohne Vorerfahrung begonnen in einem der angesagtesten Möbelhäuser von Zürich zu arbeiten: Wie lief das?
Ich habe noch nie soviel in meinem Leben gelernt. Es gibt ja verschiedene Dinge die dazu beitragen, wie sich etwas entwickelt, ich nenne das Schicksal. In diesem Fall, war ich nach drei Monaten alleine in dem Möbelhaus: Alle hatten gekündigt. Das war sicher der Anfang vom Ende für das Haus, aber für mich begann wohl meine lehrreichste Zeit. Die Möbelbranche ist eine kleine Branche und ich hatte plötzlich direkten Kontakt mit allen wichtigen Agenten. Kontakte, die mir bis heute geblieben sind. Und am Ende durfte ich noch die Liquidation des Hauses begleiten. Ich kann Ihnen sagen, wie ein SALE oder ein Abverkauf funktionieren muss. Liquidation ist eine eigene Disziplin, aber das Wissen kann ich heute noch anwenden. Von dort an war ich in der Branche verankert.
Wie ging es dann weiter?
Ich habe mein Netzwerk genutzt, um einem neuen Job zu finden. Von diesem Zeitpunkt an, ging das nur noch über Empfehlungen. Ich habe mich nie wieder in meinem Leben beworben. Ich gewann an Selbstvertrauen und lernte, mein Wissen in neuen Situation anzuwenden, teilweise ohne gefragt zu werden. Bei meinem neuen Arbeitgeber, der gerade ein neues Lichtkonzept machen wollte, konnte ich natürlich meine Erfahrung aus der Lichtplanung einbringen. Ich habe mich relativ schnell “hoch gearbeitet”. Diesem Laden bin ich 13 Jahre lang treu geblieben.
Bei all dem Erfolg, warum dann der Drang etwas Eigenes zu machen?
Ich habe ein Doppelleben geführt. Immer wenn ich auf Möbelmessen gegangen bin, habe ich für den Laden eingekauft und gedanklich für mich. Ich hatte ein Dossier mit den Stücken, die ich eigentlich gerne gekauft hätte, für meinen eigenen, noch imaginären, Laden. Ich wusste, irgendwann im Leben werde ich meinen eigenen Laden haben. Es war immer in mir.
Jetzt sitzen wir in Ihrem Laden, was hat Sie vom damaligen Traumjob in die Selbständigkeit geführt?
Die Möbelbranche ist eine kleine Welt und ich wusste wohin ich wollte und auch wohin ich nicht gehen will. Das ist noch ein sehr wichtiger Punkt, zu wissen, was man nicht will. Und in der Branche war ich, für mich, am Ende angekommen. Es gab nichts mehr Neues, was mich noch gereizt hätte.
Eines Tages, rief mich der Besitzer dieses Geschäfts, in dem wir heute sitzen, an und wollte sich mit mir treffen. Relativ direkt hat er mich gefragt, ob ich seinen Laden kaufen will, den Vertrag haben wir direkt auf einer Serviette verfasst. Es gab natürlich noch andere Interessenten, aber ich schien wohl der menschlichste zu sein. Ich habe ihm angeboten, solange er noch arbeiten möchte, er war im Pensionsalter, noch einen Schreibtisch im Laden haben zu können.
Was war das für ein Gefühl, plötzlich den eigenen Laden zu haben?
Ich war ein neuer Mensch. Ich bin Unternehmer, kein Manager.
Was ist der Unterschied im Denken, zwischen Unternehmer und Manager?
Ich habe einmal zu einem Manager gesagt: “Sie geben mir immer das Gefühl, dass ich alles falsch mache.” Manager müssen sich an Fakten orientieren. Es braucht für alles einen Report, jede Entscheidung muss begründbar sein, am besten mit Marktanalysen. Ein Gefühl zu haben, das ist nichts wert. So funktioniere ich nicht.
Einem Unternehmer geht es nicht rein um die beste Marge. Ich kann nicht einfach die Best-seller kaufen. Ich muss doch die Dinge aussuchen, die zu mir passen. Was passt in unsere DNA? Und, was passt vielleicht auch nicht ganz? Wo tut es ein bisschen weh, wenn man es bestellt? Das ist auch noch spannend. Wir müssen dem Kunden zeigen, was er vielleicht haben möchte. Ein kleines bisschen ausserhalb der DNA, um einen Schritt voraus zu sein, aber dabei immer den Zeitgeist zu beachten. Das ist unser Job.
Und wie “managen” Sie heute?
Alles geht 100x schneller. Zum Beispiel, ist man sich nie sicher, wenn man etwas Neues einkauft, ob das Produkt funktionieren wird; Ich kann heute schon beim Auspacken entscheiden, es beispielsweise anders zu platzieren oder einzusetzen. Es geht um schnelle, kurze Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Ohne grosse Marktanalysen.
Kann man diesen Bauchentscheid trainieren?
Ja, man muss lernen, aus dem Bauch auszuwählen und aus dem Kopf zu entscheiden. Es ist eine Kombination.
Woher bekommen Sie ihre Inspiration?
Die Mischung macht es aus, das ist ganz wichtig. Deutsche, italienische, französiche und englische Fachzeitschriften waren für mich immer eine Quelle der Inspiration. Aber nicht nur: Ich habe meine Freunde immer gebeten, Wohnzeitschriften aus ihren Urlaubsländern mitzubringen. Andere Länder ticken anders. Sogar die Westschweiz tickt anders als wir hier in Zürich. Ich beschäftige mich viel mit dem Thema “Schön”. Was bedeutet Ästhetik, was steckt hinter dem “gefällt mir” oder “passt mir nicht” der Kunden. Und, ich bin ein kleiner Fan von Oliver Jan, der AD Deutschland.
Gibt es eine Person, die Sie besonders geprägt oder inspiriert hat?
Viele. Ganz allgemein ist mir aufgefallen: Je grösser die Meister sind, desto weniger sagen sie, “das geht nicht”. Selbstbewusste Amateure urteilen sofort. Da kommt jemand und sagt, “das wäre doch auch noch was”. Die sagen «sofort»: “Nein, wir machen es so, wie ich gesagt habe.” Der Meister lässt den Gedanken zu. Er lässt andere Betrachtungsweisen zu. Er öffnet seine Perspektive und gibt dem Anderen eine Chance. So entstehen gute Konzepte. Ich denke, dass es fast keine hässlichen Dinge gibt. Unsere Aufgabe ist es, den richtigen Kontext darum zu schaffen.
Ein Beispiel...Bei uns in der Branche finden 85 % minimalistische Tische mit feinen Beinen gut. In Amerika finden das vielleicht 1 % der Leute schön. Die Welt ist so unterschiedlich. Und unsere Design-Welt so klein. Wir müssen uns öffnen und zuhören was der Kunde will. Unsere Einrichtung wäre in Mexiko der Eingang in einem Gefängnis. Da braucht es Opulenz, nicht Schlichtheit.
Gibt es eine geographische Zuordnung Ihrer Inspiration?
Die Italiener haben einst den Designmarkt erobert, aber die «NEUEN» Skandinavier bieten unglaubliche Shows. Auch wenn sie etwas skrupellos sind, aber sie treffen den Nerv.
Ansonsten finde ich in der Schweiz präzises Design, England kommt ins Spiel sobald Heritage mitschwingt und Frankreich für ein bisschen Boheme.
Wohin bewegt sich der Design Markt?
In einen warmen Minimalismus.
Haben Sie den Schritt jemals bereut?
Mein Vater hatte schon recht, meine ganzen Kollegen von damals haben Karriere gemacht. Aber ich muss Ihnen sagen, mir ging es nie besser: Ich fühle mich jung und vollkommen angekommen.
Über
Yusuf Sert, Interior Designer und Lichtplaner, hat sein Atelier an der Oberdorfstrasse in Zürich. Er ist bekannt für die einzigartigen Atmosphären, die er mit seinen eigenen Entwürfen und denen bekannter Hersteller für seine Privat- und Firmenkunden schafft.
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Circle of Inspiration: Ein Abendessen in der Galerie
Über den Circle of Inspiration
Der Circle of Inspiration, eine salon-ähnliche Veranstaltung, die sich auf gute Gespräche an inspirierenden Orten konzentriert, fand im Februar in St.Moritz statt. Tanja, die Gründerin von Zero Senses, kuratierte einen einmaligen visuellen und kulinarischen Rundgang durch die drei Stockwerke der Galerie Hauser & Wirth. Der Direktor der Galerie, Stefano Rabolli Pansera, gab den Gästen einen inspirierenden Impuls zum Thema „Die Kunst Kontext zu kreieren“.
Wie kreiert man ein gutes Gespräch?
Mal ehrlich: Auf Konferenzen oder alltäglichen Meetings stösst man selten auf inspirierende Momente. Diese Anlässe sind oft bloße Wiederholungen dessen, was ohnehin schon bekannt ist. Meine inspirierendsten Momente entstehen meist durch glückliche Zufälle in persönlichen Gesprächen mit Menschen außerhalb meines beruflichen Umfeldes. Solche bedeutungsvollen Begegnungen bringen neue Einsichten. Allerdings scheinen gute Gespräche heutzutage eine Seltenheit zu sein, und wenn sie doch stattfinden, dann außerhalb überfüllter Konferenzsäle.
Ist es möglich eine Veranstaltung zu kreieren, die dazu dient, solche Gespräche zu ermöglichen? Ich war fasziniert von dem Gedanken, meine inspirierenden Momente in ein Format zu übersetzen, in dem ich diese Erfahrungen mit anderen teilen kann. Der Circle of Inspiration ist eine besondere Veranstaltungsform, bei dem eine Gruppe handverlesener Gäste aus verschiedenen Bereichen in ein bestimmtes Thema eintaucht. Durch den lockeren Austausch untereinander eröffnen sich die Teilnehmer gegenseitig neue Perspektiven, indem sie die Eigenen teilen. Der Circle findet immer in einer einzigartigen und inspirierenden Atmosphäre mit Bezug zum Thema des Abends statt.
Das Ziel des Circle of Inspiration ist es, vorhandene Denkmuster zu durchbrechen und neuen Gedanken Raum zu geben. Klingt das zu abstrakt? Letztendlich geht es darum, ein gutes Gespräch in einer Umgebung zu führen, die bedeutungsvollen Austausch fördert.
Die Kunst Kontext zu kreieren
Die Galerie Hauser & Wirth ist eine der bekanntesten und angesehensten Kunstgalerien weltweit. Stefano Rabolli Pansera, der Direktor der Galerie in St.Moritz und London, stellte den Gästen die aktuelle Charles Gaines Ausstellung vor. Als studierter Architekt liegt seine Stärke sicherlich nicht nur darin, dass er den Grundgedanken der Kreation versteht, sondern auch in der Fähigkeit, um jedes (Kunst-)Werk, über das er spricht, einen wirkungsvollen und faszinierenden Kontext zu schaffen. Stefano teilte seine Ansichten über die verehrte, für manchen Betrachter überbewertete und dennoch magische Kunstwelt:
„Die Kunstwelt ist ein außergewöhnliches Ökosystem, in dem alle Akteure eine aktive Rolle spielen müssen: Künstler, Sammler, Galerien, Institutionen, Kuratoren, Journalisten und Lehrer. Galerien sind als Vermittler zu verstehen, die für ihre Künstler und für ihre Sammler Kontexte kreieren, verstärken und pflegen. Galerien tragen zur Erstellung eines kulturellen Umfelds für Künstler bei, indem sie den weiteren kulturellen Horizont offenlegen, in dem die Werke entstehen. Galerien bauen ein Publikum aus potentiellen Sammlern, die den Markt (=der kommerzielle Kontext) für ihre Künstler bereiten.“— Stefano Rabolli Pansera, Direktor Hauser & Wirth, St. Moritz
Die Magie zurückbringen
Für mich ist die Kunst einen Kontext zu kreieren, eng mit der Notwendigkeit verbunden, einen Hauch von Magie in eine graue, glanzlose und überlaufene Welt zu bringen. Aufgrund ständiger Verfügbarkeit und uneingeschränkter Verbundenheit haben die Menschen verlernt, „verzaubert“ zu sein. Wir kennen das Gefühl nicht mehr, auf etwas warten zu müssen. Von „One-Klick-Buttons“ über soziale Medien bis hin zu Nachrichten: Alles ist sofort verfügbar. Aber, wo bleibt die Magie? Was weckt noch unsere Neugierde? Was kann uns noch in den Bann ziehen? Wenn Sie sich fragen, wann sie zum letzten Mal verzaubert wurden, müssen Sie wahrscheinlich bis in ihre Kindheit zurückdenken. Vielleicht kommen Ihnen ihre Eltern in den Sinn, die Ihnen ein Märchen erzählt haben. Die meisten von uns erinnern sich an diese kurzen, aber magischen Momente, die Spannung und Aufregung, wenn man einer Geschichte lauschte und auf das versprochene Happy End wartete. Dies sind die Momente die wir neu erschaffen müssen. Ich bin überzeugt, dass, wenn wir in all unserem Tun magische Momente kreieren, dann bringen wir Anziehungskraft, Neugierde, Fantasie und Schönheit zurück, auch in unser geschäftliches Umfeld. Die Kunstwelt ist hierfür ein wunderbares Beispiel.
Zwei Welten verbinden
Zero Senses ist eng mit der Kunst verbunden, wie der Name des Unternehmens, der sich auf die ZERO-Kunstbewegung nach dem 2. Weltkrieg bezieht, bereits zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus spiegelt die Art und Weise wie Zero Senses mit seinen Kunden arbeitet (Curated Inspiration) sich im Prozess der künstlerischen Kreation wider.
Die Tatsache, dass Zero Senses individuelle „Tours of Inspiration“ für seine Kunden kuratiert, ist letztlich die Übersetzung dessen, was ein Kunstkurator für Galerien tut. Deshalb war die Galerie Hauser & Wirth ein idealer Ort, der außerdem die Bedeutung von „Curated Inspiration“ verkörpert.
Der Circle of Inspiration hat sich zum Ziel gesetzt, einen physischen und geistigen Raum für Serendipität (glückliche Zufälle) und gute Gespräche zu kuratieren.
In diesem Sinne auch nochmals ein herzliches Dankeschön an Stefano Rabolli Pansera, für die wunderbaren Einblicke in seine Kunstwelt!
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