In diesem Letter of Inspiration finden Sie die Auseinandersetzung zur Fragestellung, was ein CEO oder HR Manager von Märchen und der Buddhist Ökonomie lernen kann.

Glücklich bis ans Lebensende

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum ein Happy End in Märchen immer mit der Hochzeit der Hauptdarsteller endet? Meistens ein Paar, welches sich durch große Herausforderungen gekämpft hat, um am Ende zusammen zu sein. Die Schöne und das Biest, eine junge Dame wird verschleppt, um mit einem Biest zu leben, eine Kreatur, die verhext wurde und ihre menschliche Gestalt verloren hat. Natürlich kann nur der Zauber der wahren Liebe diesen Bann brechen. Was danach folgt, kann man sich denken: ein überglückliches Paar, das heiratet und glücklich bis ans Ende ihrer Tage lebt.

Dies ist ein Beispiel von vielen. Doch was ist mit dem Leben nach dem großen, glücklichen Tag? Das Einzige, was uns die Märchenautoren über das „Danach“ verraten, ist, dass sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage lebten. Cinderella, die Schöne und das Biest, Aladin, all diese Geschichten stoppen abrupt nach der Hochzeit. Am Punkt der höchsten Verliebtheitsphase. Mehr geht nicht mehr, das verrät die Dramaturgie ja eben, mit der Aussage, „lebten glücklich“, nicht von Höhepunkt zu Höhepunkt, sondern stetig linear.

Wie sieht das in der Realität aus? Vieles von der Verliebtheitsphase finden wir auch in Kunden- und Geschäftsbeziehungen wieder. Zu Beginn ist es aufregend, neu, ungewiss, interessant, einmal jedoch „für einander entschieden“, wird es ernst. Es gibt kaum ein Zurück nach dem Ja (Unterschrift des Arbeitsvertrages, neue Geschäftsbeziehung, … ), und die Erwartungen sind groß. Wie gelingt es, diese Erwartungen aus der Verliebtheitsphase im Geschäftsalltag zu erfüllen? Lässt sich der Charme des Unbekannten auch in diese zweite Phase überführen? Aus Märchen finden wir hierzu wenig Antwort. Schauen wir also in die reale Welt. Bevor es zur Hochzeit kommt, muss uns klar sein, dass man erstmal den richtigen Partner finden muss. Schaut man in Statistiken lässt sich sehen, dass 60-80 % der M&A Deals (Mergers & Acquisitions) scheitern. Einst eine Verbindung eingegangen, liegt die Fluktuationsrate in Deutschland im Handel, Immobilien, Erziehung und Bildung momentan bei 30-40 %. Knapp jede zweite Bindung löst sich demnach wieder. Gründe dafür?

Die Wahrscheinlichkeit den richtigen (Geschäfts-)Partner, Kunden oder Mitarbeiter zu finden und zu behalten ist demnach eine grosse Herausforderung, vielleicht so groß, wie es in Märchen zu Beginn dargestellt wird: Das Biest will die Schöne von sich überzeugen. Was macht den Erfolg der positiven Beispiele aus? Den Zauber der Verführung auch im Bekannten zu finden. Darwins zweite Evolutionstheorie: nicht der Anpasser (das wäre die Erste), sondern der Ästhet gewinnt. Die evolutionäre Ästhetik bezieht sich auf Theorien, die davon ausgehen, dass sich die grundlegenden ästhetischen Vorlieben des Homo Sapiens entwickelt haben, um das Überleben und den Fortpflanzungserfolg zu verbessern. Darwin spielt auf unsere Sehnsucht nach Variation an. Hier liegt für mich ein möglicher Schlüssel für ein Happy-Ever-After mit Höhepunkten und ohne Linearität. Die Verführung liegt in der Abwechslung, die auch in Bekannten geboten werden kann. Ob wir nun von Mitarbeitern, Kunden oder Geschäftspartner sprechen, Gleichheit und Wiederholung ist ein Killer für all diese Beziehungen. Lassen Sie uns kreativ werden und überlegen, was aus dem Einheitsbrei herausragen kann. Das Schlüsselwort ist Individualität. Arbeitsmodelle angepasst an den jeweiligen Mitarbeiter und seine Ausgangslage. Projekte, die maßgeschneidert auf den Kunden sind und keine Copy-Paste-Funktion haben. Genuine Gedanken, wie ein Künstler sie hat. Ich bin mir sicher, dass auch Ihre Frau oder Ihr Mann sich hin und wieder über etwas Abwechslung zum klassischen Blumenstrauß zum Valentinstag freut.

Was mich kürzlich inspiriert hat: Buddhist Ökonomie.

ch bin zufällig über den Begriff der Buddhist Ökonomie (nach dem deutschen Ökonom K.F. Schumacher, Buch: Small is Beautiful) gestolpert, die den Schwerpunkt auf dem Wohlbefinden aller Mitglieder und der Umwelt legt, anstatt auf dem Streben nach unendlichem Wachstum und Gewinn.

Die buddhistische Ökonomie sieht die Funktion der Arbeit darin, die eigenen Fähigkeiten zu aktivieren und zu entwickeln, das Ego und das Unternehmen loszulassen und Güter und Dienstleistungen für eine bessere (glücklichere) Existenz zu schaffen. Diese ökonomische Form misst einen hohen Lebensstandard nicht an mehr Konsum, sondern am optimalen Konsum bei geringstem Aufwand, so dass unsere Anstrengungen auf andere kreative Unternehmungen gerichtet werden können.

Klingt für mich stark nach Ansätzen, die die Generationen nach mir anspricht und worüber sich somit vermutlich jede HR Abteilung und jedes Management auseinandersetzt. Was kann das für Unternehmen und Unternehmer beispielsweise bedeuten?

- Ein Lohnsystem implementieren, das auf den Fähigkeiten und dem Beitrag jedes Mitarbeiters basiert
- Eine Unternehmenskultur fördern, die Mitarbeiter dazu ermutigt, ihre Arbeit als einen Beitrag zum Gemeinwohl zu betrachten, anstatt als bloße Einkommensquelle
- Eine offene und unterstützende Kommunikation pflegen, in der jeder Mitarbeiter sich einbringen kann und in der Entscheidungen auf dem Konsens der Beteiligten basieren
- Einen Teil der Gewinne in soziale oder kulturelle Projekte und wohltätige Zwecke investieren, um zur Verbesserung oder Bildung der Gemeinschaft beizutragen

Auch in der Buddhist Ökonomie finden sich Ähnlichkeiten zu meinem Märchen Beispiel zuvor. Es geht darum, sich aktiv einzubringen, nicht nur das Selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern das Gemeinwohl. Was braucht “es” (das Ganze), um weitermachen zu können? Wo kann ich einen Beitrag leisten, der über die einfache Bedürfnisbefriedigung hinausgeht? Nachdem gerade noch Weihnachten war, mag der ein oder andere sich an die Weihnachtsgeschichte des kleinen Lord Fauntleroy erinnern. Dieser kleine Bub stellt bedingungslos das Wohl der Gemeinschaft in den Mittelpunkt, und steckt damit seinen alten und griesgrämigen Großvater an.