Nach einer kleinen Pause, freue ich mich umso mehr Sie heute auf die Reise zum Thema Vertrauen mitzunehmen. Darüber hinaus gibt es meine kürzlich entwickelte Definition für Luxus, die ich in Vorbereitung auf eine Keynote in Hannover entwickelt habe. Viel Spaß beim Eintauchen.
Ein hohes Gut: Vertrauen.
Ein normaler Montagmorgen, ich gehe durch meine E-Mails und stolpere über die automatisch generierten LinkedIn Jobempfehlungen, die plötzlich mein Interesse geweckt haben. Nicht weil ich nach einem Job suche, sondern vielmehr, weil die ausgeschriebenen Stellen mich an Black Mirror erinnern. Eine Netflix Serie, die Zukunftsszenarien teils sehr dramatisch darstellt. „Culture and Well-being Manager“, „Community and Relation Specialist“ und „Head of Customer Engagement“. Für mich völlig neue Jobbezeichnungen, deren Bedeutung und Funktion ich neugierig nachgelesen habe. Es klingt nach einem weiteren Versuch den Menschen, also den Mitarbeiter und Kunden, in den Fokus zu rücken. Spannend hierbei ist, dass die Ausschreibungen nicht von den bekannten großen Tech-Unternehmen, wie Google oder Apple kamen. Von diesen Playern ist man es gewohnt, dass der Mitarbeiter eine zentrale Rolle spielt. Nein, ich spreche hier von alteingesessenen Konzernen, internationalen Beratungen und KMUs (Mittelstandsunternehmen). Was ist nur passiert? Steigen die Fluktuationsquoten unaufhaltbar? Wurde erkannt, wie essentiell der Mitarbeiter für den Erfolg einer Firma ist oder wie schwierig es ist Neue zu finden?
Der aktuelle Stellenmarkt ist eine Reaktion auf das, was in Unternehmen vor allem in der Pandemie deutlich wurde. Beziehungen brauchen Fokus und kontinuierliche Pflege. Würde Ihr Mann/Ihre Frau einmal im Jahr einen Newsletter mit dem neusten Update bekommen, würde Ihre Beziehung heute vermutlich woanders stehen. Aufmerksamkeit, persönliche Worte - etwas Echtes, danach suchen Menschen. Ergo auch Mitarbeiter und Kunden. Wie wir aus Partnerschaften lernen dürfen, ist der Aufbau und die Pflege einer Beziehung ein andauernder Prozess und nicht durch Einzeltaten erledigt.
Zwei Jahre Pandemie hinterlassen Spuren. Wir alle haben in dieser Zeit nicht nur gehofft, dass das Normal zurückkommt, sondern haben “unser Normal” auch in Frage gestellt. Ist die (Kunden-/Mitarbeiter-)Beziehung nicht stark genug gewesen, zerbrach sie an genau dieser Fragestellung. Die Aufgabe, die diese neuen Manager nun haben, ist eine fast utopische Disziplin, denn sie kämpfen gegen fundamentale Zweifel an bestehenden Konzepten. Culture Manager und Customer Engagement Manager werden gebeten, dort Vertrauen aufzubauen, wo es verloren gegangen ist oder nie da war. Vertrauen wieder zubekommen oder den Grundstein dafür zu legen - und auch das wissen wir aus privaten Erfahrungen - ist ein Prozess der Zeit braucht.
Die Chefsache
Loyalität, Selbstverantwortung, aktives Mitdenken und somit Mehrwert für das Unternehmen stiften, das bildet die Basis für das Vertrauen eines Unternehmers. Ein Culture Manager alleine kann das nicht schaffen, das muss ganzheitlicher betrachtet werden. Der Rahmen dazu kann nur vom Unternehmer oder CEO selbst kommen. Die gutgemeinten Neueinstellungen brauchen Klarheit über die Haltung des Unternehmers, damit sie “funktionieren” können. Eine klare Haltung beschreibt den unternehmerischen Geist in seiner Tiefe. Sie ist das unbewusste Gefühl, das einen Unternehmer leitet. Und genau dieses gilt es in Worte zu fassen.
Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf entstand vor vier Jahren die Idee für Zero Senses. Wir arbeiten mit Unternehmern und Führungspersönlichkeiten an der Verbalisierung ihrer Haltung und begleiten sie dabei, Wege und Strukturen zu bilden, dieser Haltung Ausdruck zu verleihen. Wie lässt sich intuitives Unternehmertum verwortlichen und somit mit Partnern, Kunden und Mitarbeitern teilen? Das wird die Grundvoraussetzung, für die besagten Neueinstellungen sein.
Es liegt auf der Hand, dass die unternehmerische Haltung nicht über Nacht identifiziert und intern verinnerlicht werden kann. Kurzfristige Lösungen funktionieren nicht, hier geht es um Tiefe. Auch Stil entwickelt man nicht über Nacht. Eine stilvolle Wohnung sieht nicht aus, wie in einem Möbelkatalog. Die Möbelstücke brauchen Geschichte und nicht nur ein Kaufdatum. Stil entwickelt man über Zeit, ebenso wie eine klare Haltung.
Was mich kürzlich inspiriert hat? Übertreibung.
Gerne wird von materiellem und immateriellem Luxus gesprochen. Ersterer wird als lauter Status-Luxus verstanden, bei dem sofort Bilder von schnellen Autos, Luxusyachten und weiteren Konsumgütern außerhalb des normalen Lebensstandard aufgehen. Dieser Luxus ist unmissverständlich mit Übertreibung verbunden.
Der leise - immaterielle - Luxus hingegen wird mit Ruhe, Selbstbestimmtheit und Reduktion assoziiert. Man könnte glauben, das genaue Gegenteil zu meinen. Jedoch kann diese Form des Luxuses sich im Extremfall auch in der Übertreibung wiederfinden. Beispielsweise, wenn ein Multimillionär mit einem Minimalbesitz von nur 64 Dingen „prahlt“ oder die Essenz eines üppig gedeckten Dessertbuffet sich plötzlich in Schäumchen und Essenzen in dem Nachspeiseschälchen der Sternegastronomie findet. Bei näherer Betrachtung findet sich auch im immateriellen Luxus die Übertreibung wieder, und zwar in der des unbedingten Minimalismus. Für mich ergibt sich hieraus eine neue Definition: Luxus bedeutet Übertreibung (in welcher Ausprägung auch immer). Und genau das war der Auslöser für meine Überlegungen zu einer neuen Form von Luxus. Fortsetzung folgt.
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